Auch bei Parkinson, Dystonie und Epilepsie sollten Betroffene auf die Ernährung achten

„Bisher scheiden sich die Geister, zwischen Schulmedizin und alternativen Therapieangeboten wird über die Bedeutung einer möglichen Nahrungsergänzung und einer fokussierten Zuführung von Vitalstoffen beim Bestehen von Epilepsie, Parkinson, Dystonien oder Multipler Sklerose gestritten“, erklärt der Leiter der bundesweit tätigen Selbsthilfeinitiative für Muskel- und Nervenerkrankungen, Dennis Riehle (Konstanz). „Ohne Kontroverse scheint aber durchaus, dass gewisse Mineralstoffe und Spurenelemente zumindest nicht schaden können und bei vergleichbaren Systemerkrankungen in Studien einen positiven Effekt bei der unterstützenden Behandlung erzielt haben. Ihre Substitution scheint unter Einhaltung enger Grenzwerte insofern zumindest ein Versuch zu sein, neben Medikation und konservativer Therapie weitere Elemente einer ganzheitlichen Betrachtung von autoimmunen Störungen einzubeziehen und auszuprobieren“, stellt der Ernährungsberater hierzu fest.

„Daneben scheint es angezeigt, bei einer zumindest durch immunologische Prozesse mitbeeinflussten Erkrankung auch die Ernährung umzustellen und zu ergänzen – und das nicht allein beim Vorliegen von logopädischen Schluckbeschwerden (Dysphasie) und der Notwendigkeit einer Sondentherapie. Da gerade bei neurologischen Entzündungsreaktionen auch eine Belastung mit Giftstoffen und Schwermetallen als Begünstigung der Erkrankung nicht ausgeschlossen werden kann, bietet sich in jedem Fall eine die Leberfunktion unterstützende Ernährung an, die beispielsweise durch eine ergänzende Hinzunahme von Vitamin C, E und Alpha-Liponsäure (welche sich gerade bei Polyneuropathien als wichtigstes Instrument zur Wiederherstellung der Nervenfunktion etabliert) erfolgen kann. Während Vitamin C mit einer Höchstdosis von 100 mg substituiert werden sollte, ist es bei Vitamin E ein gängiger Wert von 12 mg des äquivalenten Tocopherol, welcher zur Ergänzung herangezogen wird. Bei Alpha-Liponsäure schwanken die Dosisangaben, gehen aber von mindestens 200 mg täglich aus, jedoch sind bei der unterstützenden diätetischen Therapie durchaus bis 600 mg angezeigt“, erläutert der Coach vom Bodensee, der selbst an Parkinson, Epilepsie und Dystonie erkrankt ist und schon viele Betroffene beraten hat.

„Kaum widerlegbar ist zudem die Notwendigkeit, bei autoimmunen Muskel- und Nervenerkrankungen eine Substitution der B-Vitamine und des Magnesiums vorzunehmen, da sie regelhaft zu niedrig sind. Allerdings gehen auch hier die empfohlenen Tageswerte deutlich auseinander: Während in Akutphasen eine Vitamin Bl-Zufuhr von 100 – 200 mg pro Tag sinnvoll sein kann, liegt die Erhaltungstherapie bei 1 – 2 mg täglich. Gerade Vitamin B6 sollte mit Bedacht eingenommen werden, da dessen Überdosierung rasch zur Nebenwirkung weiterer Neuralgien führen kann. Bei Vitamin B12 kann im Falle eines nachgewiesenen Mangels eine monatliche Depotspritze von 1000 Mikrogramm initial nötig sein, langfristig empfiehlt sich eine Erhaltungstherapie mit monatlich höchstens 100 Mikrogramm. Bei Magnesium wird von einer Mindestmenge an 400 mg täglicher Substitution bei besonderem Bedarf ausgegangen, in Einzelfällen kann eine Steigerung bis auf 600 mg notwendig werden. Daneben ist bei Autoimmunerkrankungen in den allermeisten Fällen überdies ein Mangel an Vitamin D nachweisbar, der zumeist mit täglich 1000 Internationalen Einheiten behandelt wird“, führt Dennis Riehle aus.

„Ein erhöhter Bedarf besteht zudem bei Folsäure. Hierbei wird das äquivalente Folat mit regelhaft 300 – 400 Mikrogramm gegeben. Allerdings können viele der Stoffe zumindest teilweise auch mit einer Ernährungsumstellung zugeführt werden. Bei Bewegungsstörungen, Anfallsleiden und läsionsartigen Erkrankungen hat sich diesbezüglich klar herausgestellt, dass eine Reduktion der Zuckerzufuhr allemal anzustreben ist. Denn er gilt als Schmerztreiber, was die Bedeutung der Nahrungsmittel angeht. Während also glukosehaltige Speisen gemindert werden sollten, ist für Nerven und Muskeln eine gesteigerte Proteinzufuhr bedeutsam und oftmals unterversorgt. Eiweiße sind mit 150 – 200 Kilokarien täglich anzusetzen, wohingegen 2000 – 2500 Kilokalorien auf Kohlenhydrate und Fett entfallen sollten. Liegt nicht die Notwendigkeit einer parenteralen Ernährung vor, ist bei einem gegebenen Krankheitsbild aus dem immunologischen Bereich ein Fokus auf Hülsenfrüchte und Tofu zu legen. Daneben sind eine vollkornhaltige Kost sowie grüne Gemüsesorten wie Broccoli oder Spinat empfehlenswert und in den täglichen Speiseplan einzubauen. Da auch Omega 3-Fettsäuren einen durchaus positiven Effekt auf Entzündungsreaktionen haben können, wird zudem eine Zuführung von Meeresfrüchten und Fisch (Makrele, Lachs, Thunfisch, Hering) oder verschiedenen Arten von Nüssen angeraten“, unterstreicht der 37-jährige Sozialberater.

„Insgesamt kann Ernährung ein Teil der Strategie zur Therapie der immunologisch beeinflussten Erkrankung sein, allerdings nicht ohne Entwicklung eines auf den Einzelfall angepassten Ernährungskonzepts. Hierfür lohnt sich wenigstens einmalig die Inanspruchnahme fachlicher Ernährungsberatung, welche sicherlich auch zur Bestimmung wichtiger Blutwerte raten wird. Gerade eine ordentliche Bestandsaufnahme der Mineralstoffversorgung sollte schon allein aus internistischem Gesichtspunkt durch den Facharzt vorgenommen werden. Neben der Erhebung von Retentionswerten (Nierenparametern) und der Transaminasen (Leberenzyme) und dem Nachweis von etwaigen Autoimmun-Antikörpern, dem aktuellen HbA1c-Wert (Langzeitzucker) und Hormonparametern (TSH u.a.) gehört auch die Feststellung eines momentanen Status von zumindest B-Vitaminen, Magnesium, Kalium, Selen, Folsäure, Vitamin A, C und E dazu. Oftmals können einige dieser Werte nur als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) erbracht und müssen daher vom Patienten selbst gezahlt werden. Doch diese Erfassung rentiert sich allemal. Schlussendlich ist sie die grundlegende Orientierung für eine ernährungsspezifische Einstellung von Mineralstoff- und Spurenelementen-Substitution und eine adäquate Auswahl an passenden Nahrungsmitteln für eine entzündungs- und schmerzhemmende Kost. Insofern geht eine solide Laboruntersuchung mit einer Ernährungsberatung und der ärztlichen Konsultation Hand in Hand“, sagt Riehle abschließend und verweist auf das Selbsthilfeangebot.

Die kostenlose Psychologische, Sozial- und Ernährungsberatung der Selbsthilfeinitiative ist auf www.selbsthilfe-riehle.de erreichbar.

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